Lebenslauf

Der Name Martin Luther wird sofort mit der Spaltung der Kirche in zwei Gruppen in Verbindung gebracht. Martin Luther, ein deutscher Reformator, wurde am 10.11.1483 in Eisleben geboren. Eisleben wird wegen diesem bekannten und berühmten Bürger auch oft die Lutherstadt genannt. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Luther allerdings in Wittenberg, wo er auch seine 95 Thesen veröffentlichte.

Luther, der Sohn eines Bergmanns, besuchte seit 1501 die Universität in Erfurt, an der er 1505 seinen Magistergrad erlangte, und sein Jurastudium aufnahm. Erst durch eine Todesgefahr sah sich Luther dazu verpflichtet dem Erfurter Augustiner-Eremitenkloster beizutreten. Der Ausschlag dafür war ein Blitz, der während eines Gewitters unmittelbar neben ihm einschlug. Nach seinem Beitritt in das Kloster am 17.07.1505 empfing Luther 1507 die Priesterweihe und begann Theologie zu studieren. 1511 wurde er in Ordensangelegenheiten nach Rom entsandt, und 1512 trat er die Nachfolge von Johann von Staupitz als Professor an der theologischen Fakultät in Wittenberg an. Seine ersten Lesungen hielt Luther 1512 über die Römerbriefe und 1516-18 über Galater und Hebraeerbriefe.

Der Dominikaner J. Tetzel ( Anhang A) verkündete 1517 den Ablasshandel zugunsten des Neubaus der Peterskirche ( Anhang A) in Rom. Am 31. Oktober 1517 veröffentlichte Luther seine 95 Thesen über den Ablaßhandel in Wittenberg. Seine Streitsätze waren gegen Johannes Tetzel (um 1465, †Leipzig 11.8. 1519) gerichtet, der Luther durch seine materielle Zielsetzung dazu veranlaßte. Luther beabsichtigte mit seinem Thesenanschlag eine Disputation mit den Gelehrten in Wittenberg. Seine Thesen fanden unerwartete Verbreitung. Schon 1518 reichten der Erzbischof von Mainz und die Dominikaner Klage gegen ihn in Rom ein. Luther blieb seiner Meinung treu und lehnte bei einem Verhör im Oktober 1518 durch den Theologen Cajetan de Vio (*20.2.1469, † Rom 10.8.1534) einen Widerruf ab. Auch auf der Leipziger Disputation im Juli 1519 zwischen J. Eck und A. Karlstadt lehnte Luther die Irrtumslosigkeit der allgemeinen Konzilien ( Anhang A, Konzil) ab. Luther veröffentlichte eine Rechtfertigungsverkündigung, die Kritik am Papsttum äußerte. Er war der Auffassung, daß sich das Papsttum über den klaren Wortlaut der Schrift hinwegsetzte. In der Bulle “Exsurge Domine”, einem päpstlichen Schriftstück, wurde am 15.6.1520 die Unterwerfung Luthers gefordert.

Aber statt sich zu unterwerfen antwortete Luther mit seinem drei großen Programmschriften: “An den christl. Adel deutscher Nation”, “Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche” (Oktober 1520) und “Von der Freiheit eines Christenmenschen” (November 1520). Diese Schriften waren die wichtigsten Reformationsschriften, mit deren Hilfe er einen Großteil der Bevölkerung für sich gewinnen konnte. Die päpstliche Bulle seiner Verurteilung übergab er am 10.12.1520 feierlich dem Feuer. Kurz darauf wurde er vom Papst Leo X. exkommuniziert, daß heißt er wurde aus der katholischen Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Auf dem Reichstag in Worms lehnte Luther die stille Unterwerfung und die Widerrufung ab, woraufhin der Kaiser Karl V. die Reichsacht über Luther verhängte. Das bedeutete, daß Luther Vogelfrei (“ex lege”) war. Niemand durfte ihm Unterstützung geben, und jeder durfte ihn töten, ohne dafür belangt zu werden.

Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen ließ Luther nach einem Überfall zum Schein gefangennehmen und als “Junker Jörg” auf die Wartburg bringen. Dort entstand Luthers Übersetzung des neuen Testamentes, die 1522 zum ersten mal als Druck veröffentlicht wurde. 1534 wurde sie durch die Übersetzung des Alten Testamentes ergänzt. Während seines Aufenthaltes auf der Wartburg hatten sich in vielen Orten lutherische Gemeinden gebildet, die von seiner Schrift gegen die Mönchgelübde dazu bewogen wurden, die Klöster zu verlassen.

1522 kehrte Luther nach Wittenberg zurück. Dort grenzte er sich aber in den folgenden Jahren von den radikalen Reformversuchen des entstandenen Protestantismus ab. Weiterhin differenzierte er sich nach einer Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam über den freien Willen auch vom Humanismus und den revolutionären sozialen Forderungen im Bauernkrieg.

Am 13.6.1525 heiratete Luther die ehemalige Nonne Katharina Bora(1499-1552). Johannes Bugenhagen traut das Paar in Luthers Wohnhaus. An Hochzeitsgeschenken erhielt das Paar unter anderem einen silbernen Deckelkrug von der Universität Wittenberg, eine Tonne Einbecker Bier vom Magistrat und 50 Gulden vom Mainzer Erzbischof Albrecht. Vor Luther sind schon andere Geistliche in den Stand der Ehe getreten, so zum Beispiel Karlstadt, Justus Jonas und Johannes Bugenhagen. Viele Geistliche folgten seinem Beispiel.

Neben Luther gab es auch andere bedeutende Reformatoren, unter ihnen zum Beispiel Ulrich “Huldreich” Zwingli ( Anhang A). Später trat der Gegensatz zwischen Luther und Zwingli schärfer hervor. Auf verschiedenen Diskussionen zwischen den beiden, so auch beim Marburger Religionsgespräch 1929, kam es nur zu einer teilweisen Übereinstimmung, da Luther an der Wirklichen Gegenwart Christi im Abendmahl festhielt. Zur Belehrung des Volkes verfaßte er 1529 den “Kleinen Katechismus”, und für die Pfarrer den “Großen Katechismus”. Auf dem Reichstag 1530 legten mehrere evangelische Reichsstände ihre Bekenntnisschrift, das “Augsburger Bekenntnis” vor.

1539 legte er in der Schrift “Von den Conciliis und Kirchen” seinen Kirchenbegriff dar. Er leugnete nicht die Heilsmöglichkeit für den römisch-katholischen Christen innerhalb einer vom Papst geleiteten Kirche, zeigte aber den Ursprung der Kirche in Wort und Sakrament, ohne menschliche Zusätze, auf. In seinen letzten Lebensjahren widmete sich Luther dem Ausbau seiner Gemeinden. Luthers Schriften und Bibelübersetzungen haben zur Verbreitung und Durchsetzung einer allgemeinen deutschen Hochsprache wesentlich beigetragen. Seine Sprache war geprägt vom Stil der meisten Kanzleien und der mittelalterlichen Prosaliteratur. Luthers Theologie hat ihr Zentrum in der Rechtfertigungsverkündigung, die christozentrisch interpretiert werden muß.

In seiner genialen Bibelauslegung ist ein Reichtum theologischer Neuansätze angelegt, der sich schlecht in ein System einfangen läßt. In unerbittlichem Ringen um die Wahrheit der Offenbarung Gottes in Christus bereitete Luther auch der neuzeitlichen Problematik (Welt- und Menschenbild) die Bahn. Im politischen und sozialethischen Bereich keineswegs prinzipiell konservativ, ordnete sich Luther doch dem Rahmen des 16. Jahrhunderts in mancher Hinsicht ein (Dreiständelehre). Er verstand sich als Lehrer der Heiligen Schrift, nicht als Reformator der Kirche oder des Staats im Rahmen der damaligen Gesellschaftsordnung.

Weltbild des Martin Luther

“Einer der bedeutendsten qualitativen Sprünge in der Geschichte der Wissenschaft vollzog sich zwischen der Mitte des 15. und der des 16. Jahrhunderts.” Während dieser Zeit war die Umwälzung des astronomischen Weltbildes voll im Gange. Die von Claudius Ptolemäus und Aristoteles erstellte Therorie des geozentrischen Systems, in dem die Erde den Mittelpunkt aller Planeten bildet, stand dem von Nikolaus Kopernikus 1543 veröffentlichten heliozentrischen System gegenüber. Kopernikus nahm an, daß sich alle Planeten, mit Ausnahme der Erde mit konstanter Geschwindigkeit auf Kreisbahnen bewegen, deren Mittelpunkt sich ebenfalls auf Kreisbahnen um die Sonne bewegt. Die Erde bewegt sich auf einer direkten Kreisbahn um die Sonne, und der Mond Umkreis dabei die Erde. Erst Johannes Kepler stellte um 1618 fest, daß sich nicht alle Planeten auf Kreisbahnen, sondern auch auf Elipsen um die Sonne bewegen.

Diese großen Entdeckungen, die zu Luthers Lebzeiten (1483 - 1546) stattgefunden haben, beruhen auf der Rückkehr zu der Erkenntnis, daß die Erde eine Kugel ist. Luther setzte in seiner Biebelübersetzung von 1534 ein eigentümliches Zeichen dieses Umbruchs. Er veränderte das Bild >> Gottvater als Weltschöpfer<< nach Vorlagen älterer Bibeldrucke, aber nach seinen eigenen Vorstellungen. Das Paradies erscheint hier noch scheibenförmig und rings von Wasser umgeben, wie in älteren Darstellungen die ganze Erde. Aber rings um das ganze erscheint hier eine Lufthülle, in deren Tagseite Vögel fliegen, und darum herum kreisen Sonne, Mond und Sterne.

Im Paradies ist (nach Mos. 2;8-15) der Fluß zu erkennen, der sich in die vier Flüsse Pison, Gihon, Hidekel und Phart teilt. Luther selbst mache in seiner Bibel von 1545 dazu folgende Bemerkung:

“Pison ist das große Wasser in India, das man Ganges heisset, denn Hevila ist Indienland. Gihon ist das Wasser in Egypten, das man Nilus heisst. Hidekel ist das Wasser in Assyria, das man Tygris heisst. Phrat aber ist das nehest Wasser in Syria, das man Euphrates heisst.”

Der Vergleich mit einer Weltkarte aus dem Jahre 1235 zeigt, wie sehr Luther mit dieser Lokalisierung der einzelnen Flüsse in der geographischen Tradition des Mittelalters steht. Diese Weltkarte (Ebstorfer Radkarte, um 1235) ist, wie viele andere, kein Abbild des geographischen Wissens, sondern eher eine auf wesentliche Grundzüge reduzierte Darstellung eines Stilideals. Im Mittelpunkt der Welt stand Jerusalem, visualisiert durch die Darstellung der Auferstehung. Die Welt wurde durch ein zum T vereinfachten Kreuz dargestellt. Dabei bildete das Mittelmeer die vertikale Linie des Ts. Alle wichtigen Städte sind symbolhaft dargestellt, und sogar das Paradies wurde im östlichen Asien positioniert. Der oben genannte Fluß, aus dem weitere Flüsse entspringen, und der das Paradies durchkreuzt, heißt in dieser Karte Gagnes. Dieses typische Weltbild wird verstärkt durch eine Abbildung Christus', dessen Kopf, Hände und Füße zu sehen sind, und die Form des Kreuzes nochmals verdeutlichen. Dieses alte Weltbild wird durch das ptolomäische Weltbild (geozentrisch) abgelöst. Dieses Weltbild veranschaulicht den geographischen Wissenstand dieser Zeit und bietet keine Möglichkeiten mehr für die Symbolisierungen und den Garten Eden. Dieser Vergleich verdeutlicht, daß Luther weiterhin am Weltbild des Mittelalters festhält, da er weiterhin an einer positionierung des Gartens Edens Interesse zeigt. Seine Begründung findet in der damaligen Zeit keinen Rückhalt mehr. Luther wehrte sich gegen die neuen Erkenntnisse, da sie neu waren, und nicht den Buchstaben der “Schrift” entsprachen.

Leistungen Luthers

Martin Luther versuchte vor allem durch umfangreiche literarische Werke seine Ansichten zu veröffentlichen. Dabei wurden seine sprachlich-literarischen Werke besonders durch die Auslegung der “Schrift” beeinflußt. Auf der Wartburg begann Luther 1521 mit der Übersetzung des neuen Testamentes, die im September 1522 als Septembertestament in erster Fassung erschien. 12 Jahre später lag die Bibel in ganzer Übersetzung vor. Luther setzte mit seiner Bibelübersetzung eines der bedeutendsten Denkmäler deutscher Sprachgeschichte, denn durch den variationsreichen Sprachstil galt die Deutsche Sprache als gleichberechtigt neben den drei bisherigen heiligen Sprachen Hebräisch, Griechisch und Latein.

Sein Werk hat mit seiner sehr überregionalen Verbreitung sehr zu der Ausbildung einer gemeinsamen deutschen Hochsprache beigetragen. In Zusammenarbeit mit J. Walter schuf Luther den bis heute gültigen Typus des protestantischen Kirchenliedes. Daß der Kirchenmusik im Gottesdienst breite Zeitspannen eingeräumt wurden, war für die Kirchenmusik von wesentlicher Bedeutung.

Als Beispiel seiner literarischen Werke hier sein Werk “Aus tiefer Not schrei' ich zu dir”:

<center>
1. Aus tiefer Not schrei' ich zu dir,

Herr Gott, erhör mein Rufen;

Dein' gnädig' Ohren kehr zu mir

Und meiner Bitt sie öffen!

Denn so du willst das sehen an,

Was Suend' und Unrecht ist getan,

Wer kann, Herr, vor dir bleiben?

2. Bei dir gilt nichts denn Gnad' und Gunst,

Die Suende zu vergeben;

Es ist doch unser Tun umsonst

Auch in dem besten Leben.

Vor dir niemand sich ruehmen kann,

Des muss dich fuerchten jedermann

Und deiner Gnade leben.

3. Darum auf Gott will hoffen ich,

Auf mein Verdienst nicht bauen;

Auf ihn mein Herz soll lassen sich

Und seiner Guete trauen,

Die mir zusagt sein wertes Wort,

Das ist mein Trost und treuer Hort,

Des will ich allzeit harren.

4. Und ob es währt bis in die Nacht

Und wieder an den Morgen,

Doch soll mein Herz an Gottes Macht

Verzweifeln nicht noch sorgen.

So tu' Israel rechter Art,

Der aus dem Geist erzeuget ward

Und seines Gott's erharre.

5. Ob bei uns ist der Sünden viel,

Bei Gottist viel mehr Gnade,

Sein' Hand zu helfen hat kein Ziel,

Wie gross auch sei der Schade.

Er ist allein der gute Hirt,

Der Israel erlösen wird

Aus seinen Sünden allen

</center>

 

Die 95 Thesen des Martin Luther

Aus Liebe zur Wahrheit und in dem Bestreben, diese zu ergründen, soll in Wittenberg unter dem Vorsitz des ehrwürdigen Vaters Martin Luther, Magisters der freien Künste und der heiligen Theologie sowie deren ordentlicher Professor daselbst, über die folgenden Sätze disputiert werden. Deshalb bittet er die, die nicht anwesend sein und mündlich mit uns debattieren können, dieses in Abwesenheit schriftlich zu tun. Im Namen unseres Herrn Jesu Christi, Amen. 3

1. Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: "Tut Buße" usw. (Matth. 4,17), hat er gewollt, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll.

2. Dieses Wort kann nicht von der Buße als Sakrament - d. h. von der Beichte und Genugtuung -, die durch das priesterliche Amt verwaltet wird, verstanden werden.

3. Es bezieht sich nicht nur auf eine innere Buße, ja eine solche wäre gar keine, wenn sie nicht nach außen mancherlei Werke zur Abtötung des Fleisches bewirkte.

4. Daher bleibt die Strafe, solange der Haß gegen sich selbst - das ist die wahre Herzensbuße - bestehen bleibt, also bis zum Eingang ins Himmelreich.

5. Der Papst will und kann keine Strafen erlassen, außer solchen, die er auf Grund seiner eigenen Entscheidung oder der der kirchlichen Satzungen auferlegt hat.

6. Der Papst kann eine Schuld nur dadurch erlassen, daß er sie als von Gott erlassen erklärt und bezeugt, natürlich kann er sie in den ihm vorbehaltenen Fällen erlassen; wollte man das geringachten, bliebe die Schuld ganz und gar bestehen.

7. Gott erläßt überhaupt keinem die Schuld, ohne ihn zugleich demütig in allem dem Priester, seinem Stellvertreter, zu unterwerfen.

8. Die kirchlichen Bestimmungen über die Buße sind nur für die Lebenden verbindlich, den Sterbenden darf demgemäß nichts auferlegt werden.

9. Daher handelt der Heilige Geist, der durch den Papst wirkt, uns gegenüber gut, wenn er in seinen Erlassen immer den Fall des Todes und der höchsten Not ausnimmt.

10. Unwissend und schlecht handeln diejenigen Priester, die den Sterbenden kirchliche Bußen für das Fegefeuer aufsparen.

11. Die Meinung, daß eine kirchliche Bußstrafe in eine Fegefeuerstrafe umgewandelt werden könne, ist ein Unkraut, das offenbar gesät worden ist, während die Bischöfe schliefen.

12. Früher wurden die kirchlichen Bußstrafen nicht nach, sondern vor der Absolution auferlegt, gleichsam als Prüfstein für die Aufrichtigkeit der Reue.

13. Die Sterbenden werden durch den Tod von allem gelöst, und für die kirchlichen Satzungen sind sie schon tot, weil sie von Rechts wegen davon befreit sind.

14. Ist die Haltung eines Sterbenden und die Liebe (Gott gegenüber) unvollkommen, so bringt ihm das notwendig große Furcht, und diese ist um so größer, je geringer jene ist.

15. Diese Furcht und dieser Schrecken genügen für sich allein - um von anderem zu schweigen -, die Pein des Fegefeuers auszumachen; denn sie kommen dem Grauen der Verzweiflung ganz nahe.

16. Es scheinen sich demnach Hölle, Fegefeuer und Himmel in der gleichen Weise zu unterscheiden wie Verzweiflung, annähernde Verzweiflung und Sicherheit.

17. Offenbar haben die Seelen im Fegefeuer die Mehrung der Liebe genauso nötig wie eine Minderung des Grauens.

18. Offenbar ist es auch weder durch Vernunft- noch Schriftgründe erwiesen, daß sie sich außerhalb des Zustandes befinden, in dem sie Verdienste erwerben können oder in dem die Liebe zunehmen kann.

19. Offenbar ist auch dieses nicht erwiesen, daß sie - wenigstens nicht alle - ihrer Seligkeit sicher und gewiß sind, wenngleich wir ihrer völlig sicher sind.

20. Daher meint der Papst mit dem vollkommenen Erlaß aller Strafen nicht einfach den Erlaß sämtlicher Strafen, sondern nur derjenigen, die er selbst auferlegt hat.

21. Deshalb irren jene Ablaßprediger, die sagen, daß durch die Ablässe des Papstes der Mensch von jeder Strafe frei und los werde.

22. Vielmehr erläßt er den Seelen im Fegefeuer keine einzige Strafe, die sie nach den kirchlichen Satzungen in diesem Leben hätten abbüßen müssen.

23. Wenn überhaupt irgendwem irgendein Erlaß aller Strafen gewährt werden kann, dann gewiß allein den Vollkommensten, das heißt aber, ganz wenigen.

24. Deswegen wird zwangsläufig ein Großteil des Volkes durch jenes in Bausch und Bogen und großsprecherisch gegebene Versprechen des Straferlasses getäuscht.

25. Die gleiche Macht, die der Papst bezüglich des Fegefeuers im allgemeinen hat, besitzt jeder Bischof und jeder Seelsorger in seinem Bistum bzw. seinem Pfarrbezirk im besonderen.

26. Der Papst handelt sehr richtig, den Seelen (im Fegefeuer) die Vergebung nicht auf Grund seiner - ihm dafür nicht zur Verfügung stehenden - Schlüsselgewalt, sondern auf dem Wege der Fürbitte zuzuwenden.

27. Menschenlehre verkündigen die, die sagen, daß die Seele (aus dem Fegefeuer) emporfliege, sobald das Geld im Kasten klingt.

28. Gewiß, sobald das Geld im Kasten klingt, können Gewinn und Habgier wachsen, aber die Fürbitte der Kirche steht allein auf dem Willen Gottes.

29. Wer weiß denn, ob alle Seelen im Fegefeuer losgekauft werden wollen, wie es beispielsweise beim heiligen Severin und Paschalis nicht der Fall gewesen sein soll.

30. Keiner ist der Echtheit seiner Reue gewiß, viel weniger, ob er völligen Erlaß (der Sündenstrafe) erlangt hat.

31. So selten einer in rechter Weise Buße tut, so selten kauft einer in der rechten Weise Ablaß, nämlich außerordentlich selten.

32. Wer glaubt, durch einen Ablaßbrief seines Heils gewiß sein zu können, wird auf ewig mit seinen Lehrmeistern verdammt werden.

33. Nicht genug kann man sich vor denen hüten, die den Ablaß des Papstes jene unschätzbare Gabe Gottes nennen, durch die der Mensch mit Gott versöhnt werde.

34. Jene Ablaßgnaden beziehen sich nämlich nur auf die von Menschen festgesetzten Strafen der sakramentalen Genugtuung.

35. Nicht christlich predigen die, die lehren, daß für die, die Seelen (aus dem Fegefeuer) loskaufen oder Beichtbriefe erwerben, Reue nicht nötig sei.

36. Jeder Christ, der wirklich bereut, hat Anspruch auf völligen Erlaß von Strafe und Schuld, auch ohne Ablaßbrief.

37. Jeder wahre Christ, sei er lebendig oder tot, hat Anteil an allen Gütern Christi und der Kirche, von Gott ihm auch ohne Ablaßbrief gegeben.

38. Doch dürfen der Erlaß und der Anteil (an den genannten Gütern), die der Papst vermittelt, keineswegs geringgeachtet werden, weil sie - wie ich schon sagte - die Erklärung der göttlichen Vergebung darstellen.

39. Auch den gelehrtesten Theologen dürfte es sehr schwerfallen, vor dem Volk zugleich die Fülle der Ablässe und die Aufrichtigkeit der Reue zu rühmen.

40. Aufrichtige Reue begehrt und liebt die Strafe. Die Fülle der Ablässe aber macht gleichgültig und lehrt sie hassen, wenigstens legt sie das nahe.

41. Nur mit Vorsicht darf der apostolische Ablaß gepredigt werden, damit das Volk nicht fälschlicherweise meint, er sei anderen guten Werken der Liebe vorzuziehen.

42. Man soll die Christen lehren: Die Meinung des Papstes ist es nicht, daß der Erwerb von Ablaß in irgendeiner Weise mit Werken der Barmherzigkeit zu vergleichen sei.

43. Man soll den Christen lehren: Dem Armen zu geben oder dem Bedürftigen zu leihen ist besser, als Ablaß zu kaufen.

44. Denn durch ein Werk der Liebe wächst die Liebe und wird der Mensch besser, aber durch Ablaß wird er nicht besser, sondern nur teilweise von der Strafe befreit.

45. Man soll die Christen lehren: Wer einen Bedürftigen sieht, ihn übergeht und statt dessen für den Ablaß gibt, kauft nicht den Ablaß des Papstes, sondern handelt sich den Zorn Gottes ein.

46. Man soll die Christen lehren: Die, die nicht im Überfluß leben, sollen das Lebensnotwendige für ihr Hauswesen behalten und keinesfalls für den Ablaß verschwenden.

47. Man soll die Christen lehren: Der Kauf von Ablaß ist eine freiwillige Angelegenheit, nicht geboten.

48. Man soll die Christen lehren: Der Papst hat bei der Erteilung von Ablaß ein für ihn dargebrachtes Gebet nötiger und wünscht es deshalb auch mehr als zur Verfügung gestelltes Geld.

49. Man soll die Christen lehren: Der Ablaß des Papstes ist nützlich, wenn man nicht sein Vertrauen darauf setzt, aber sehr schädlich, falls man darüber die Furcht Gottes fahrenläßt.

50. Man soll die Christen lehren: Wenn der Papst die Erpressungsmethoden der Ablaßprediger wüßte, sähe er lieber die Peterskirche in Asche sinken, als daß sie mit Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe erbaut würde.

51. Man soll die Christen lehren: Der Papst wäre, wie es seine Pflicht ist, bereit - wenn nötig -, die Peterskirche zu verkaufen, um von seinem Gelde einem großen Teil jener zu geben, denen gewisse Ablaßprediger das Geld aus der Tasche holen.

52. Auf Grund eines Ablaßbriefes das Heil zu erwarten ist eitel, auch wenn der

(Ablaß-)Kommissar, ja der Papst selbst ihre Seelen dafür verpfändeten.

53. Die anordnen, daß um der Ablaßpredigt willen das Wort Gottes in den umliegenden Kirchen völlig zum Schweigen komme, sind Feinde Christi und des Papstes.

54. Dem Wort Gottes geschieht Unrecht, wenn in ein und derselben Predigt auf den Ablaß die gleiche oder längere Zeit verwendet wird als für jenes.

55. Die Meinung des Papstes ist unbedingt die: Wenn der Ablaß - als das Geringste - mit einer Glocke, einer Prozession und einem Gottesdienst gefeiert wird, sollte das Evangelium - als das Höchste - mit hundert Glocken, hundert Prozessionen und hundert Gottesdiensten gepredigt werden.

56. Der Schatz der Kirche, aus dem der Papst den Ablaß austeilt, ist bei dem Volke Christi weder genügend genannt noch bekannt.

57. Offenbar besteht er nicht in zeitlichen Gütern, denn die würden viele von den Predigern nicht so leicht mit vollen Händen austeilen, sondern bloß sammeln.

58. Er besteht aber auch nicht aus den Verdiensten Christi und der Heiligen, weil diese dauernd ohne den Papst Gnade für den inwendigen Menschen sowie Kreuz, Tod und Hölle für den äußeren bewirken.

59. Der heilige Laurentius hat gesagt, daß der Schatz der Kirche ihre Armen seien, aber die Verwendung dieses Begriffes entsprach der Auffassung seiner Zeit.

60. Wohlbegründet sagen wird, daß die Schlüssel der Kirche - die ihr durch das Verdienst Christi geschenkt sind - jenen Schatz darstellen.

61. Selbstverständlich genügt die Gewalt des Papstes allein zum Erlaß von Strafen und zur Vergebung in besondern, ihm vorbehaltenen Fällen.

62. Der wahre Schatz der Kirche ist das allerheiligste Evangelium von der Herrlichkeit und Gnade Gottes.

63. Dieser ist zu Recht allgemein verhaßt, weil er aus Ersten Letzte macht.

64. Der Schatz des Ablasses jedoch ist zu Recht außerordentlich beliebt, weil er aus Letzten Erste macht.

65. Also ist der Schatz des Evangeliums das Netz, mit dem man einst die Besitzer von Reichtum fing.

66. Der Schatz des Ablasses ist das Netz, mit dem man jetzt den Reichtum von Besitzenden fängt.

67. Der Ablaß, den die Ablaßprediger lautstark als außerordentliche Gnaden anpreisen, kann tatsächlich dafür gelten, was das gute Geschäft anbelangt.

68. Doch sind sie, verglichen mit der Gnade Gottes und der Verehrung des Kreuzes, in der Tat ganz geringfügig.

69. Die Bischöfe und Pfarrer sind gehalten, die Kommissare des apostolischen Ablasses mit aller Ehrerbietung zuzulassen.

70. Aber noch mehr sind sie gehalten, Augen und Ohren anzustrengen, daß jene nicht anstelle des päpstlichen Auftrags ihre eigenen Phantastereien predigen.

71. Wer gegen die Wahrheit des apostolischen Ablasses spricht, der sei verworfen und verflucht.

72. Aber wer gegen die Zügellosigkeit und Frechheit der Worte der Ablaßprediger auftritt, der sei gesegnet.

73. Wie der Papst zu Recht seinen Bannstrahl gegen diejenigen schleudert, die hinsichtlich des Ablaßgeschäftes auf mannigfache Weise Betrug ersinnen,

74. So will er viel mehr den Bannstrahl gegen diejenigen schleudern, die unter dem Vorwand des Ablasses auf Betrug hinsichtlich der heiligen Liebe und Wahrheit sinnen.

75. Es ist irrsinnig zu meinen, daß der päpstliche Ablaß mächtig genug sei, einen Menschen loszusprechen, auch wenn er - was ja unmöglich ist - der Gottesgebärerin Gewalt angetan hätte.

76. Wir behaupten dagegen, daß der päpstliche Ablaß auch nicht die geringste läßliche Sünde wegnehmen kann, was deren Schuld betrifft.

77. Wenn es heißt, auch der heilige Petrus könnte, wenn er jetzt Papst wäre, keine größeren Gnaden austeilen, so ist das eine Lästerung des heiligen Petrus und des Papstes.

78. Wir behaupten dagegen, daß dieser wie jeder beliebige Papst größere hat, nämlich das Evangelium, "Geisteskräfte und Gaben, gesund zu machen" usw., wie es 1. Kor. 12 heißt.

79. Es ist Gotteslästerung zu sagen, daß das (in den Kirchen) an hervorragender Stelle errichtete (Ablaß-) Kreuz, das mit dem päpstlichen Wappen versehen ist, dem Kreuz Christi gleichkäme.

80. Bischöfe, Pfarrer und Theologen, die dulden, daß man dem Volk solche Predigt bietet, werden dafür Rechenschaft ablegen müssen.

81. Diese freche Ablaßpredigt macht es auch gelehrten Männern nicht leicht, das Ansehen des Papstes vor böswilliger Kritik oder sogar vor spitzfindigen Fragen der Laien zu schützen.

82. Zum Beispiel: Warum räumt der Papst nicht das Fegefeuer aus um der heiligsten Liebe und höchsten Not der Seelen willen - als aus einem wirklich triftigen Grund -, da er doch unzählige Seelen loskauft um des unheilvollen Geldes zum Bau einer Kirche willen - als aus einem sehr fadenscheinigen Grund -?

83. Oder: Warum bleiben die Totenmessen sowie Jahrfeiern für die Verstorbenen bestehen, und warum gibt er (der Papst) nicht die Stiftungen, die dafür gemacht worden sind, zurück oder gestattet ihre Rückgabe,wenn es schon ein Unrecht ist, für die Losgekauften zu beten?

84. Oder: Was ist das für eine neue Frömmigkeit vor Gott und dem Papst, daß sie einem Gottlosen und Feinde erlauben, für sein Geld eine fromme und von Gott geliebte Seele loszukaufen; doch um der eigenen Not dieser frommen und geliebten Seele willen erlösen sie diese nicht aus freigeschenkter Liebe?

85. Oder: Warum werden die kirchlichen Bußsatzungen, die "tatsächlich und durch Nichtgebrauch" an sich längst abgeschafft und tot sind, doch noch immer durch die Gewährung von Ablaß mit Geld abgelöst, als wären sie höchst lebendig?

86. Oder: Warum baut der Papst, der heute reicher ist als der reichste Crassus, nicht wenigstens die eine Kirche St. Peter lieber von seinem eigenen Geld als dem der armen Gläubigen?

87. Oder: Was erläßt der Papst oder woran gibt er denen Anteil, die durch vollkommene Reue ein Anrecht haben auf völligen Erlaß und völlige Teilhabe?

88. Oder: Was könnte der Kirche Besseres geschehen, als wenn der Papst, wie er es (jetzt) einmal tut, hundertmal am Tage jedem Gläubigen diesen Erlaß und diese Teilhabe zukommen ließe?

89. Wieso sucht der Papst durch den Ablaß das Heil der Seelen mehr als das Geld; warum hebt er früher gewährte Briefe und Ablässe jetzt auf, die doch ebenso wirksam sind?

90. Diese äußerst peinlichen Einwände der Laien nur mit Gewalt zu unterdrücken und nicht durch vernünftige Gegenargumente zu beseitigen heißt, die Kirche und den Papst dem Gelächter der Feinde auszusetzen und die Christenheit unglücklich zu machen.

91. Wenn daher der Ablaß dem Geiste und der Auffassung des Papstes gemäß gepredigt würde, lösten sich diese (Einwände) alle ohne weiteres auf, ja es gäbe sie überhaupt nicht.

92. Darum weg mit allen jenen Propheten, die den Christen predigen: "Friede, Friede", und ist doch kein Friede.

93. Wohl möge es gehen allen den Propheten, die den Christen predigen: "Kreuz, Kreuz", und ist doch kein Kreuz.

94. Man soll die Christen ermutigen, daß sie ihrem Haupt Christus durch Strafen, Tod und Hölle nachzufolgen trachten

95. und daß die lieber darauf trauen, durch viele Trübsale ins Himmelreich einzugehen, als sich in falscher geistlicher Sicherheit zu beruhigen.

Reformation

Die Reformation, eine geistige Erneuerung beziehungsweise Umgestaltung der Kirche, die im 16. Jahrhundert durch Martin Luther ausgelöst wurde, führte zur Bildung der protestantischen Kirche. Die Reformation wurde nicht von Luther alleine gestaltet, sondern es wirkten auch andere Reformatoren wie zum Beispiel Calvin und Zwingli bei der christlichen Erneuerungsbewegung mit. Die althergebrachten Kirchenansichten wurden gesprengt, und eine neue kirchliche Gemeinschaft mit einer neuen religiösen Haltung entstand. (Unterschiede zwischen alter Religion und Protestantismus finden sich in Anhang A).

Ursachen der Reformation

Eine Ursache für die Reformation war die im späten Mittelalter aufkommende Kritik an kirchlichen Mißständen. Dabei wurden unter anderem der Humanismus, die Überspannung des päpstlichen Anspruchs auf politische Weltherrschaft und die finanziellen Aktionen der römischen Kirche kritisiert. Aus dieser Kritik formte sich mit der Zeit eine Forderung nach einer Reformation der Kirche. Nach der Übersetzung Luthers 95 Thesen, die ursprünglich in lateinischer Sprache veröffentlicht worden waren, fanden sie auch im Deutschen starke Verbreitung.

Luther bestritt in seinen Schriften die Unfehlbarkeit des Papstes und der Konzilien. Damit untergrub er die kirchliche Autorität, was zur Folge hatte, daß er sich vor mehreren Ausschüssen zu rechtfertigen hatte. Er stellte quasi den einzelnen Gläubigen den dem Papst gleich.

Eine noch größere Wirkung ging allerdings von seiner Rechtfertigungslehre aus. Nach dieser Lehre belohne Gott nicht einzelne gute Werke, sondern erlöse die sündigen Gläubigen aus reiner Gnade. In seiner Zweireichelehre erklärte Luther die göttliche Weltregierung folgendermaßen: Er unterscheidet zwei Reiche, das geistliche und das weltliche Reich. Im geistlichen Reich regiert Gott durch das Evangelium und durch seine Worte. Seine weltliche Regierung wird durch das Gesetzt (“äußere Ordnung”) verkörpert. Angehörige beider Reiche unterstehen dem Evangelium und dem Gesetz, und sind daher Gerechter und Sünder, “simul iustus et peccator” zugleich.

Neben der Lehre Luthers breitete sich im oberdeutschen Raum die Lehren Zwinglis aus. 1521 verhängte der Wormser Edikt über Luther und seiner Anhänger die Reichsacht.

Während Karl V. (1519-56) 4 Kriege gegen Franz I. von Frankreich führte (1521-26, 1527-29, 1534-36 und 1542-44), fielen im Reich wichtige Entscheidungen. Durch den Bauernkrieg 1524/25 wurde das Landesfürstentum gestärkt. Kaiser Karl stellte auf dem Reichstag in Speyer 1526 den Landesherren ihr konfessionelles Verhalten frei. In den Territorien entstanden daraufhin die evangelische Landeskirchen, wobei der Landesherr als Bischof an die Spitze seiner Landeskirche trat (Summepiskopat). Unter Führung Philipps I. von Hessen unterzeichneten die evangelischen Reichsstände auf dem Reichstag in Speyer 1529 eine Protestation gegen den Beschluß des Wormser Edikts. Seit dem wurde diese Gruppe als Protestanten bezeichnet.

Der Reichstags in Augsburg 1530 gab den letzten Ausschlag zum Abschluß des Schmalkald. Bundes (1531), in dem sich die protestantischen Stände zusammen geschlossen hatten. 1546 ging Karl V. erfolgreich gegen diesen Bund vor. Am Ende der großen religiösen und politischen Bewegung der Reformation stand der Augsburger Religionsfriede von 1555 und damit die endgültige konfessionelle Spaltung Deutschlands.

Gegen den in Lutheraner und Kalvinisten geteilten Protestantismus erfolgte die Gegenreformation. Deren Zentrum würde im Süden des Reiches durch Bayern und Österreich gebildet. Im Anschluß an den Reichstag von 1608 bildete sich unter kurpfälzischer Leitung die protestantische Union. Ihr trat 1609 die katholische Liga gegenüber, die unter bayrischer Führung stand. Auch Kaiser Matthias (1612-19) konnte die konfessionellen Gegensätze nicht abbauen. So kam es 1618/19 durch die entschieden katholische Haltung Ferdinands des II zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Beendet wurde dieser Krieg erst 1648 durch den Westfälischen Frieden. Dessen Bedeutung bestand vor allem darin, daß die Aufteilung des Reiches in fast 300 landeshoheitliche Einzelstaaten erlaubt wurde. Dieser Frieden wurde unter Garantie Frankreichs und Schwedens geschlossen.

Ausbreitung der Reformation

Um das Jahr 1570 hatte sich die Reformation schon erheblich ausgebreitet. Brandenburg, Preußen, Schlesien, Sachsen und Dänemark waren fast vollständige Anhänger der lutherischen Reformation. Lediglich die vereinigten Niederlande, die Oberpfalz und kleine Teile Nassaus gehörten den Reformatoren Zwingli und Calvin an. Bayern, Österreich und Polen waren weiterhin Gebiete mit überwiegend katholischer Bevölkerung.

Theologische Lehren

Luther hatte ein sehr ausgeprägtes Sündenbewußtsein. Er hatte die Gewißheit, daß ein Mensch nicht aus eigener Kraft, und auch nicht durch die von der Kirche angebotenen Hilfsmittel vor Gott bestehen konnte. Er kam zu der Erkenntnis, daß die Gerechtigkeit der Menschen keine eigene Leistung sei, sondern auf die Gnade Gottes zurückführt, der seinen Sohn für die Menschheit am Kreuz opferte.

Luthers grundlegende theologische Aussage ist die Erfahrung der Rechtfertigung des Menschen, den Luther als Sünder sieht. In der christlichen Theologie ist die Rechtfertigung die Wiederherstellung des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott, das durch Erbsünde, oder die persönliche Sünde gestört wurde. In der evangelischen Kirche geht der Begriff Rechtfertigung heute im wesentlichen auf die Neuinterpretation von Römer 1, 17 durch Luther zurück. Die wahre Gerechtigkeit der Menschen besteht darin, daß der Mensch Gottes Gerechtigkeit in seinem Glauben Recht gibt. Nicht der Mensch kommt durch Frömmigkeit und gute Werke (daß heißt durch Erfüllung des Gesetzes) zu Gott, sondern Gott ist in Christus zum Menschen gekommen, wie es das Evangelium besagt, um ihn in seiner Sündhaftigkeit anzunehmen und aus Gnade zu rechtfertigen.

Indem Luther die Bibel als ›Wort Gottes‹ über die kirchlichen Ämter stellte, steigerte er den Gegensatz zur katholischen Kirche, und stellte somit die Autorität des kirchlichen Lehramtes in Frage. Aus dem Zusammenhang seiner Auffassung des Evangeliums und seiner Überzeugung, daß ohne Ordnung der Obrigkeit keine solche Freiheit möglich sei, entsteht seine Zweireichelehre. Ein Christ hat als Mitglied des weltlichen Reiches Gesetz und Gewalt anzuerkennen, aber als Mitglied des geistlichen Reiches auf Gewalt und Recht zu verzichten.

Vortrag in Kurzform

Lebenslauf

  • 10. 11. 1483 Geburt in Eisleben, als Sohn eines Bergmanns
  • 1501 besuchte er die Universität in Erfurt an der er 1505 seinen Magistergrad erlangte und sein Jurastudium aufnahm.
  • Am 17.07.1505 Veranlaßte ihn ein Blitz, der neben ihm einschlug, sich dem Erfurter Augustinerkloster anzuschließen. Erst 1507 empfing Luther seine Priesterweihe und begann Theologie zu studieren. Drei Jahre später trat er die Nachfolge als Professor der Universität in Wittenberg an. Seine ersten Lesungen beschäftigten sich mit den Römerbriefen.
  • 1512 Doktor der Theologie in Wittenberg
  • 31. Oktober 1517 Thesenanschlag an der Kirchentür in Wittenberg

Seine Thesen befaßten sich mit dem Ablaßhandel, der von dem Dominikaner J. Tetzel 1517 verkündet wurde. Luther versuchte einen Streit mit den Gelehrten hervorzurufen um gegen die materielle Zielsetzung Tetzels anzugehen.

  • Seine Thesen fanden schnell Verbreitung und schon 1518 wurde vom Mainzer Erzbischof Klage gegen Luther in Rom eingereicht. Der Theologe de Vio verhörte Luther daraufhin, der jedoch von seiner Meinung nicht ablassen wollte.
  • Anstatt seine Thesen zu widerrufen, veröffentlichte Luther neue Kampfschriften, die seine Thesen rechtfertigten und Kritik am Papsttum äußerten. Er war der Ansicht, daß sich die Kirche über den Wortlaut der heiligen Schrift hinwegsetze. Als Reaktion wurde im Jahre 1520 in einem päpstlichen Schriftstück die Unterwerfung Luthers gefordert.
  • Auch dieser Aufforderung des Papstes folgte er nicht. Er veröffentlichte drei weitere Kampfschriften, mit denen er einen Großteil der Bevölkerung für sich gewinnen konnte. Die päpstliche Verurteilung verbrannte er öffentlich.
  • Anfang 1521 wurde Luther von Papst Leo X. exkommuniziert, daß bedeutet von der katholischen Kirche ausgeschlossen. Auf dem Reichstag in Worms lehnte Luther die Unterwerfung erneut ab, worauf Kaiser Karl der V. die Reichsacht über Luther verhängte. Dadurch wurde Luthers Akzeptanz in der Bevölkerung stark geschwächt, da jeder Kontakt mit ihm bestraft werden konnte.
  • Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen ließ Luther auf einer Reise zum Schein überfallen, um ihn in Sicherheit zu bringen und getarnt als “Junker Jörg” auf die Wartburg bringen.
  • 1522 wurde erstmals Luthers Übersetzung des Alten Testamentes als Druck veröffentlicht, die er auf der Wartburg erstellt hatte. Während seiner Zeit auf der Wartburg bildeten sich viele lutherische Gemeinden, die von seinen Schriften dazu bewegt wurden, die Klöster zu verlassen.
  • 1534 wurde Luthers Übersetzung des AT ergänzt.
  • 1522 kehrte Luther nach Wittenberg zurück. Dort grenzte er sich allerdings von den radikalen Reformversuchen des entstandenen Protestantismus ab.
  • Er grenzte sich nach einer Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam auch von sozialen Forderungen der Bauernkriege und vom Humanismus ab.
  • Am 13.6.1525 heiratete Luther die ehemalige Nonne Katharina Bora. Luther war nicht der erste Geistliche, der heiratete, aber er jetzt folgten viele seinem Beispiel.
  • 1529 verfaßte Luther den “kleinen Katechismus” für das Volk und 1530 den großen Katechismus für Pfarrer und Gelehrte.
  • 1534 Herausgabe der ersten Wittenberger Gesamtbibel in Martin Luthers deutscher Übersetzung. Beitrag zur Verbreitung einer einheitlichen deutschen Schrift.
  • Luther unterstütze das Aufkommen eines neuen Menschen- und Weltbildes, hielt aber an der Tradition fest (Dreiständelehre).
  • 18.02.1546 in Eisleben gestorben; bestattet in der Schloßkirche Wittenberg

Theologische Lehren

  • Luther hatte ein sehr starkes Sündenbewußtsein. Ein Mensch könne nicht aus eigener Kraft vor Gott bestehen, auch nicht mit kirchlichen Hilfsmitteln. Die Gerechtigkeit sein keine Leistung der Menschen, sondern eine Gnade Gottes.
  • Seine Lehren basierten auf der Aussage der Rechtfertigung. Die alte Ansicht betrachtete das Verhältnis zwischen Mensch und Gott, daß durch eine Sünde oder Erbsünde getrübt wird. Ein Mensch könne durch Einhaltung der Gesetze zu Gott kommen. Luther interpretierte dies neu, indem er sagte, daß nicht der Mensch zu Gott komme, sondern Gott zu dem Menschen um seine Sündhaftigkeit aus Gnade zu rechtfertigen.
  • Luther stellte die Bibel als “Wort Gottes” über das Lehramt der Kirche und stellte damit die Autorität der katholischen Kirche in Frage.
  • Zweireichelehre - Ein Christ hat als Mitglied des weltlichen Reiches Recht und Gewalt anzuerkennen, aber als Mitglied des geistlichen Reiches auf Gewalt und Recht zu verzichten.

Der Thesenanschlag

  • Ablaßhandel war eine, von der Kirche auferlegte, Bußleistung. Erst in Form
    1. Teilnahme an Kreuzzügen
    2. Entsendung eines Vertreters für die Kreuzzüge
    3. Geld für den Papst
  • 1525 tritt der 24jährige Albrecht von Brandenburg die Nachfolge des Verstorbenen Mainzer Domherrn an. Er wird gleichzeitig Domherr in Mainz und Trier sowie Erzbischof in Magdeburg. Damit verstößt er gegen zwei Gesetze, nämlich das Mindestalter
Anhang A - Erläuterungen

Peterskirche (San Pietro in Vaticano), in der Vatikanstadt gelegene Grabkirche des Apostels Petrus, Hauptkirche des Papstes. Kaiser Konstantin)I., d.)Gr., errichtete nach 324 eine Basilika mit im W gelegener, halbrunder Apsis (über dem mutmaßl. Apostelgrab); Atrium im O; 1452-55 begann B.)Rossellino ein neues Querhaus mit Chor. 1502 beschloß Papst Julius)II. den vollständigen Neubau; Bramantes Urplan zeigte einen Zentralbau in Form eines griech. Kreuzes; Grundsteinlegung 1506. Aus Gründen der Tradition und der Liturgie wurde jedoch bald die Anlage eines Langhauses erwogen. Die Bauleitung hatten 1514-20 Raffael, bis 1536 D.)Peruzzi, bis 1546 Antonio da Sangallo d.)J., 1546-64 Michelangelo (entwarf die Riesenkuppel in Anlehnung an die Florentiner Domkuppel Brunelleschis), 1564-73 Vignola, bis 1603 Giacomo della Porta. Papst Paul V. beschloß die Zufügung des Langhauses, wobei C.)Maderno wie bei der Fassade Michelangelos Pläne abwandelte (1607-26). Seit 1629 war G.)L. Bernini Bauleiter, 1656-66 Anlage des perspektiv. wichtigen Vorplatzes mit Kolonnaden; Altarbaldachin 1624-33. Zur Ausstattung der P. gehören auch die Cathedra Petri, zahlr. Grabdenkmäler sowie Michelangelos Pieta.

Tetzel, Johannes (Johann), *)Pirna um 1465, †)Leipzig 11.8. 1519, deutscher katholischer Theologe und Ablaßprediger. Dominikaner; die materielle Zielsetzung seiner Ablaßpredigten veranlaßte Luther zur Veröffentlichung seiner 95 Thesen (1517).

Erasmus von Rotterdam, ab 1496 Desiderius E., *)Rotterdam 27. (28.?) 10. 1469 (1466?, 1467?), †)Basel 12.7. 1536, niederl. Humanist und Theologe. Bedeutendster Vertreter des europ. Humanismus; 1492 Priesterweihe.- E. veröffentlichte 1500 die bed. Sprichwörtersammlung ›Adagia‹, 1511 die Satire ›Encomion Moriae‹ (Lob der Torheit), die gegen die Rückständigkeit der Scholastik und die Verweltlichung der Kirche gerichtet ist, und gab 1516 die erste griech. Druckausgabe des NT heraus, die zur Grundlage von Luthers Bibelübersetzung wurde. Abgrenzung von der Reformation. In der Kontroverse mit Luther über den Willen (1524/25) wurde die bisherige Verbindung von Humanismus und Reformation gelöst.

Calvin Johannes, eigtl. Jean Cauvin, *)Noyon 10.)7. 1509, †)Genf 27.)5. 1564, frz.-schweizer. Reformator. Studierte 1528-32 Jurisprudenz; seit 1533 offener Verfechter der Reformation; mußte deshalb Paris verlassen und ließ sich 1535 in Basel nieder. Hier entstand sein theol. Hauptwerk, die ›Institutio Christianae Religionis‹, eine kurze Zusammenfassung der ev. Lehre (später mehrfach überarbeitet). 1536 übernahm C. in Genf ein kirchl. Lehramt. 1541 erließ der Rat eine von C. verfaßte Kirchenordnung mit der charakterist. Struktur der 4 Ämter (Prediger, Lehrer, Älteste, Diakone). Ein Konsistorium mahnte die ›Sünder‹ und ließ sie notfalls durch die Justizbehörde bestrafen.)- Leitideen der Theologie Calvins sind: Souveränität und Ehre Gottes, Einzigartigkeit Christi, Wort Gottes als ausschließl. Kriterium der Wahrheit und Gerechtigkeit. Die strenge Lehr- und Kirchenzucht verwickelte C. in zahlr. Prozesse, die sein Andenken bis heute belasten.)- C. wurde zum anerkannten Reformator weiter Teile Westeuropas (Frankreich, Schottland, Niederlande) und Osteuropas (Polen, Ungarn, Siebenbürgen).

Zwíngli, Ulrich (Huldrych, Huldreich), *)Wildhaus bei Sankt Gallen 1.1. 1484, ©)bei Kappel am Albis 11.10. 1531, schweizer. Reformator. War ab 1519 Seelsorger am Großmünster in Zürich. Z. stand unter dem Einfluß der humanist. Schriften Erasmus' von Rotterdam. Zum öffentl. Auftreten im Sinne der Reformation kam es 1522 durch seine gegen das Fastengebot gerichtete Schrift ›Von erkiesen und fryheit der spysen‹. Seine reformator. Positionen wurden vom Rat der Stadt Zürich öffentlich anerkannt: Heiligenbilder, Klöster, Prozession, Orgelspiel, Gemeindegesang, Firmung, letzte Ölung u.)a. wurden abgeschafft, das Abendmahl auf vier Sonntage im Jahr beschränkt. In seinem weiteren Wirken entwickelte Z. seine antisakramentalist. (symbol.) Auffassung vom Abendmahl weiter und führte seine Auseinandersetzung mit Luther (gipfelnd im Marburger Religionsgespräch vom 2. bis 4.10. 1529) fort. Im 2. Kappeler Krieg fiel Z. als Feldprediger auf der Seite Zürichs.

Humanísmus [lat.], das Bemühen um Humanität, um eine der Menschenwürde und freien Persönlichkeitsentfaltung entsprechende Gestaltung des Lebens und der Gesellschaft durch Bildung und Erziehung und/oder Schaffung der dafür notwendigen Lebens- und Umweltbedingungen selbst.- Als Epochenbegriff (auch Renaissance-H.) bezeichnet H. eine literarisch-philosoph. Bildungsbewegung, die zunächst in Italien um 1350 (mit Blick auf die röm. Antike) v.)a. von F.)Petrarca und G.)Boccacio getragen wurde. Nach der Zerstörung Konstantinopels (1453) kam durch den Zustrom byzant. Gelehrter, die zahlreiche Handschriften antiker Texte mitbrachten, die Beschäftigung mit der griech. Literatur hinzu (G.)Pico della Mirandola, Marsilio Ficino [*) 1433, †)1499], Gründer der Platon. Akademie in Florenz). Große Bedeutung erlangte der H. durch sein erfolgreiches Bestreben, die Schriften antiker Autoren aufzuspüren, zu übersetzen und durch krit. Ausgaben wiss. aufzuarbeiten. Die humanist. Bewegung in Italien wurde durch Fürstenhöfe (v.)a. durch den Hof der Medici in Florenz) und die Päpste gefördert. Durch die Konzile von Konstanz (1414-18) und Basel (1431-49) breitete sich die neue Strömung mit Erasmus von Rotterdam als führendem Kopf auch in den übrigen europ. Ländern aus. Beziehungen zw. F.)Petrarca und dem Prager Hof Karls)IV. sorgten für erste Einflüsse des H. in Deutschland. Die dt. Humanisten bedienten sich sowohl der lat. wie der dt. Sprache; lyr., ep. und dramat. Dichtungen nahmen einen breiten Raum ein; Zentren wurden u.)a. Wien, Nürnberg, Bamberg, Augsburg, Heidelberg, Straßburg, Ulm, Basel, Tübingen, Erfurt. Namhafte Vertreter des deutschsprach. H. waren K.)Celtis, J.)Wimpfeling, J.)Reuchlin, W.)Pirckheimer, Nikolaus von Kues, U.)von Hutten. Neuhumanismus.

Augsburger Bekenntnis (Augsburgisches Bekenntnis; lat. Confessio Augustana), von Melanchthon für den Reichstag zu Augsburg 1530 verfaßte Schrift, die zur wichtigsten Bekenntnisschrift der reformator. Kirche wurde. Sie gliedert sich in zwei Teile: 21 Artikel unter der Überschrift ›Artikel des Glaubens und der Lehre‹ und 7 Artikel über die abgestellten Mißbräuche. Das A.)B. fand als Lehrnorm der luth. Landeskirchen sehr schnell Anerkennung und war seit 1535 für alle neu aufzunehmenden Bundesglieder verbindlich. Für die Zugehörigkeit zum Lutherischen Weltbund ist die Bindung an das unveränderte A.)B. notwendig.

Konzil [lat.] (Synode), Versammlung von Bischöfen und anderen kirchl. Amtsträgern zur Erörterung und Entscheidung theol. und kirchl. Fragen. Das ökumen. oder allg. Konzil, das im 1.)Jt. vom Kaiser und seit Beginn des 2.)Jt. vom Papst berufen wurde, repräsentiert unter dem Vorsitz des Papstes die allg. Kirche und besitzt nach kath. Verständnis in seinen Glaubensentscheidungen Unfehlbarkeit. Man zählt 21 bzw. 22 ökumenische Konzile.

Cajetan, Thomas (italien. Gaetano), eigtl. Jacobus de Vio, *)20.)2. 1469, †)Rom 9. oder 10.)8. 1534, italien. Kardinal (seit 1517). Bedeutendster kath. Theologe der Reformationszeit. Verhandelte nach Ende des Reichstages in Augsburg 1518 mit Luther.

Gegenreformation, in der histor. Forschung üblich gewordene Bez. für die nach 1519 mit Hilfe staatl. Machtmittel unternommenen Versuche der (z.T. gewaltsamen) Rekatholisierung prot. gewordener Gebiete, in Deutschland v.)a. 1555-1648 (zuerst in Bayern). Die G. führte als Teil der allg. polit. Konfessionalisierung in den Dreißigjährigen Krieg und wurde durch den Westfäl. Frieden beendet (Besitzstandsgarantie des Normaljahrs 1624).- Die G. wurde auch wirksam in Spanien (Inquisition), im Achtzigjährigen Krieg der Niederlande, in Frankreich (Hugenottenkriege, Revokationsedikt von Fontainebleau 1685) und Polen (Sigismund)III.). katholische Erneuerung.

Protestantísmus [lat.], auf die (polit.) Protestation von Speyer (1529) zurückgehende konfessionelle Bez. für alle aus der Reformation hervorgegangenen organisierten Kirchen und Gemeinschaften sowie für das ihnen entsprechende Selbstverständnis. Als Lehre des P. gelten die zentralen theol. Aussagen der Reformatoren (M. Luther, U. Zwingli, J. Calvin): Der Mensch ist Sünder. Seine Rechtfertigung geschieht allein durch Christus, allein aus Gnade und allein durch den Glauben. Die Bibel ist einzige Offenbarungsquelle. Es gibt ein allg. Priestertum der Gläubigen. Eine Einheit des P. ist wegen des weitgefaßten Begriffs weder in einer kirchl. Institution zu erkennen noch durch kirchl. Bekenntnisse zu sichern. Dennoch bemüht sich der P. in der ökumen. Bewegung auch um institutionelle Einigung.

Dreißigjähriger Krieg, europ. Religions- und Staatenkonflikt auf dt. Boden 1618-48. Ursachen: Ggs. zw. Katholiken und Protestanten (Liga, Union), Streben der Reichsstände nach Erweiterung ihrer Macht. Böhmisch-Pfälzischer Krieg (1618 bis 1623): Aufstand der vorwiegend prot. Stände Böhmens (Prager Fenstersturz), Absetzung König Ferdinands)II.; Wahl Kurfürst Friedrichs)V. von der Pfalz zum König von Böhmen, 1620 bei Prag (Schlacht am Weißen Berg) von Kaiser Ferdinand und der Liga besiegt. Niedersächsisch-Dänischer Krieg (1625-29): Wegen drohender Rekatholisierung Deutschlands Eingreifen König Christians)IV. von Dänemark im Bund mit niedersächs. Ständen; unterlag 1626 bei Lutter am Barenberge dem Heer der Liga unter Tilly, der zus. mit dem in kaiserl. Diensten stehenden Söldnerheer unter Wallenstein nach N-Deutschland vorgedrungen war; Frieden von Lübeck (1629), Restitutionsedikt (1629): Rückgabe aller ab 1552 durch die Protestanten eingezogenen geistl. Güter an die kath. Kirche. Schwedischer Krieg (1630-35): Eingreifen des durch die kaiserl. Machtposition an der Ostsee beunruhigten Königs Gustav II. Adolf von Schweden, der bis nach München und Augsburg vorstieß, 1632 aber bei Lützen fiel; 1634 Niederlage Schwedens und des Heilbronner Bundes bei Nördlingen; Prager Frieden 1635. Schwedisch- Französischer Krieg (1635-48): Kriegseintritt Frankreichs (Ggs. Bourbon-Habsburg) auf seiten Schwedens, unentschiedener Kampf gegen das Reich; nach Verhandlungen ab 1644 Abschluß des Westfälischen Friedens (1648).

 

Anhang B

Die AG Geschichte bedankt sich sehr herzlich bei allen Autoren der folgenden Veröffentlichungen , besonders aber bei Marco Alberti, der dieses sehr gute Referat schrieb. Besonders hilfreich war  der InterNet Server der Stadt Wittenberg, die zahlreiche Informationen über Wittenberg, wie auch über Martin Luther zur Verfügung stellte. Daneben diente  noch das amerikanische “Project Wittenberg by Cindy A. Beesley” als Quelle für einige Originaltexte Luthers.

Martin Luther, Biografie von W.Landgraf; Verlag Neues Leben Berlin 1981
Meyers Großes Universallexikon, 15 Bände, Mannheim 1984
Meyers Universallexikon, 3 Bände, Microsoft, München 1995
Bertelsmann Universallexikon, Bertelsmann Electronic Publishing, München, 1994
Meno Sellschopp, Das Weltbild des Martin Luther, ldb.han.de
The Handbook to the Lutheran Hymnal, St. Louis: Concordia Publishing, 1942

 

Fußnoten

1 Meyers Lexikonverlag

2 Project Wittenberg, St Louis

3 Lutherstadt Wittenberg, Die 95 Thesen